In der Schweiz wurde an den Wahlurnen eine Impfpflicht getestet

Mit mehr als 125.000 Unterschriften wurde die Initiative am 16. Dezember 2021 im Bundeskanzleramt eingereicht.

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Die Pandemie ist zwar beendet, sorgt aber weiterhin für Diskussionen auf politischer Ebene. Am 9. Juni ist das Schweizer Volk erneut aufgerufen, über ein Thema im Zusammenhang mit Covid-19 abzustimmen. Im Zentrum der Debatte: Impfpflicht.

Dieser Inhalt wurde veröffentlicht am

24. April 2024 – 13.40 Uhr

Worum geht es?

Die Volksinitiative „Für Freiheit und körperliche UnversehrtheitExterner Link” verlangt, dass „Eingriffe in die körperliche oder geistige Unversehrtheit einer Person ihrer Zustimmung bedürfen“. Jeder Mensch sollte daher die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, was ihm in den Körper gespritzt wird. Der Text legt fest, dass diejenigen, die ihre Einwilligung verweigern, „weder mit einer Strafe belegt werden noch soziale oder berufliche Vorurteile erleiden dürfen“.

Diese Volksinitiative, auch „Stoppt die Impfpflicht“ genannt, wurde zu Zeiten der Pandemie und den damit verbundenen Restriktionsmaßnahmen ins Leben gerufen. Der Text wurde Ende 2021 beim Bundeskanzleramt hinterlegt. Zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Maßnahmen bereits nicht mehr in Kraft. Der Bundesrat hat sie dann im Februar 2022 praktisch alle aufgehoben.

Der Text der Initiative

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 10 Absatz 2BIS
2bis Eingriffe in die körperliche oder seelische Unversehrtheit einer Person bedürfen deren Einwilligung. Für die Verweigerung der Einwilligung kann die betroffene Person weder bestraft noch gesellschaftlich oder beruflich benachteiligt werden.

Art. 197 n. 122
12. Übergangsbestimmung von Art. 10. 2bis (Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit)
Die Bundesversammlung erlässt spätestens innerhalb eines Jahres nach der Annahme dieses Artikels durch Volk und Stände die Ausführungsbestimmungen zu Artikel 10 Absatz 2bis. Treten die Ausführungsbestimmungen innerhalb dieser Frist nicht in Kraft, so erlässt der Bundesrat sie mit Verordnung und setzt sie nach Ablauf dieser Frist in Kraft. Die Verordnung gilt bis zum Inkrafttreten der von der Bundesversammlung erlassenen Ausführungsbestimmungen.

Quelle: admin.ch

Wer hat die Initiative ins Leben gerufen?

Die Schweizer FreiheitsbewegungExterner Link (MSL) hat diese Initiative am 16. Dezember 2021 mit mehr als 125.000 gültigen Unterschriften eingereicht. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten, die den Text unterzeichnet haben, gehören auch die ehemalige Nationalrätin der Mitte-Demokratischen Union (UDC, rechtskonservativ) Yvette Estermann und der Schauspieler-Kabarettist Marco Rima.

Wer ist dagegen?

Die beiden Kammern des Parlaments und ihre jeweiligen Rechtsausschüsse lehnten die Initiative ab. Die Enthaltungen und Ja-Stimmen kommen ausschließlich aus den Reihen der UDC. Auch der Bundesrat erklärte, er sei dagegen und wolle keinen Gegenvorschlag unterbreiten.

Die Bildung eines Oppositionsausschusses hat relativ lange gedauert, wahrscheinlich weil die Initiative kaum Erfolgsaussichten hat. Unter der Führung des Nationalrats der Grünliberalen Partei (PVL, Ökologiezentrum) Beat Flach versammelten sich schließlich Abgeordnete der wichtigsten Parteien (mit Ausnahme der UDC).

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Es ist eher ungewöhnlich, dass Einzelpersonen eine Kampagne anführen, um gegen Initiativen zu stimmen. In der Regel sind es die Parteien und Verbände, die zusammenkommen. Da dies dieses Mal nicht der Fall war, ging Flach aus demokratiepolitischen Gründen den ersten Schritt. „Wenn Bundesrat und Parlament die Initiative ablehnen, muss jemand diese Position im Abstimmungskampf vertreten“, erklärte er.

Was sagt das „Ja“-Lager?

„Uns das Recht zu verweigern, über unseren eigenen Körper zu verfügen, ist das größte Verbrechen in der modernen Geschichte der Menschheit seit den Tagen der Sklaverei“, fasst der Präsident der MSL, Richard Koller, die Gründe für die Initiative zusammen.

Demonstrant

Demonstration in Winterthur am 26. Februar 2022 gegen die im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie eingeführten Massnahmen. Ziel der Kritik am Manifest dieses Aktivisten: George Soros, Alain Berset, Klaus Schwab, Tanja Stadler, Bill Gates und die Medien.

KEYSTONE/© KEYSTONE / WALTER BIERI

Laut Presseberichten befürchtet die MSL, dass künftig „digitale Chips oder Codes“ unter die Haut eingebaut oder gespritzt werden. Er vermutet auch, dass Menschen wie Bill Gates oder Organisationen wie die WHO die treibende Kraft hinter dieser Entwicklung sind und dass die Politik zunehmend autoritäre Maßnahmen gegen die Bevölkerung ergreifen wird.

Was sagt das „Nein“-Lager?

Laut Bundesrat geht der Text der Initiative weit über das Thema Impfungen hinaus und führt zu Rechtsunsicherheit in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, etwa bei der Strafverfolgung oder im Jugend- und Erwachsenenschutzrecht. Darüber hinaus kann schon heute niemand mehr gegen seinen Willen zur Impfung gezwungen werden.

Im Parlament wurde die Initiative als „falsch“ bezeichnet, weil sie falsche Erwartungen wecke und zu allgemein formuliert sei. Die von der UDC formulierten Anträge auf einen Gegenvorschlag wurden mit der Begründung abgelehnt, dass es nicht Aufgabe des Parlaments sei, solche Fehlinitiativen zu korrigieren.

Von Balz Rigendinger

Übersetzung: Zeno Zoccatelli

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